Das Gesetz, das wir heute verabschieden, unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von dem Gesetzentwurf der Regierung, der seinerseits wiederum auf Wünschen und Vorschlägen der Länder beruht. Leider konnten wir unser Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, den Bezug von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bis zum 14. Geburtstag des Kindes auszuweiten, aus Haushaltsgründen nicht umsetzen. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass wir hier ein Gesamtpaket vorlegen, das sowohl für die Praxis der Jugendämter einige Erleichterungen vorsieht, aber auch – und das ist uns besonders wichtig – die alleinerziehenden Elternteile stärkt, die die Unterhaltsansprüche parallel oder auch nach Auslaufen der UVG-Leistungen selbst gegen den Unterhaltspflichtigen durchsetzen wollen oder müssen.
Ein besonderes Ziel des Unterhaltsvorschussent-bürokratisierungsgesetzes war – und das steckt schon im Wort – Entbürokratisierung, also Erleichterungen und Vereinfachungen sowohl für den Alleinerziehenden als auch für die Verwaltung. Wo die im Regierungsentwurf vorgesehenen Entlastungen für die Verwaltungspraxis auf Kosten der Alleinerziehenden und der Kinder gegangen wären, haben wir dies durch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren nicht umgesetzt.
Gerade Alleinerziehende erziehen in der Regel ihre Kinder unter erschwerten Bedingungen. Fällt dann noch der Barunterhalt des anderen Elternteils aus, helfen die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuss gezielt und unterstützen und entlasten alleinerziehende Elternteile und ihre Kinder in dieser besonderen Situation.
Wir haben deshalb durch einen Änderungsantrag für Klarheit gesorgt, dass Leistungen des Unterhaltspflichtigen an Dritte auf den UVG-Anspruch nicht angerechnet werden. Es darf zum Beispiel nicht sein, dass etwa ein unterhaltspflichtiger Vater Unterhaltszahlungen an Dritte zum Beispiel für einen Sportkurs oder Musikunterricht zahlt und dann diese Leistung auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird mit der Folge, dass der Betrag der Mutter für den Bedarf des Kindes als Bargeld fehlt. Ohne das explizite Einverständnis der Mutter wäre es dann ins Belieben des Unterhaltspflichtigen gestellt, wie er den Unterhalt zahlt, und damit wären weitere Konflikte zwischen den Eltern vorprogrammiert. Wir wollen mit unserem Änderungsantrag klarstellen, dass der Barunterhalt gesichert ist. Denn für den Elternteil, bei dem das Kind lebt, ist es von qualitativer Bedeutung, ob Geld zur eigenverantwortlichen Verfügung steht oder als eine Sachleistung an Dritte. Wir haben zu diesem Änderungswunsch allen Sachverständigen eine positive Bestätigung bekommen, insbesondere auch aus der Praxis.
Auch eine weitere Änderung im Gesetzentwurf war uns wichtig. Die Möglichkeit der rückwirkenden Zahlung des Unterhaltsvorschusses für einen Monat. Der Gesetzentwurf sah vor, dass der Unterhaltsanspruch erst ab dem Monat der Antragstellung bestehen sollte. Als Begründung wurde ein sehr hoher Verwaltungsaufwand angeführt. Aus unserer Sicht kann die Streichung der Rückwirkung für einen Monat damit nicht aufgewogen werden. Der Verlust einer monatlichen Unterhaltsvorschusszahlung wiegt aus unserer Sicht schwerer. Trennung und Scheidung sind besonders belastende Lebenssituationen, in denen auch gerade über die -Zahlung von Unterhalt häufig Konflikte ausgetragen werden. Diese Belastungen und daraus resultierende Unklarheiten können dazu führen, dass eine Antragstellung nicht rechtzeitig erfolgt. Für die Alleinerziehenden und ihre Kinder ist gerade in der Trennungsphase das Armutsrisiko besonders hoch und die Leistung des Unterhaltsvorschusses oft von existenzieller Bedeutung. Deshalb sorgen wir nun dafür, dass die Rückwirkung für einen Monat erhalten bleibt.
Wesentliche Verbesserungen bringt das Gesetz bei der Durchsetzung des Rückgriffsanspruchs gegenüber dem Unterhaltspflichtigen. Hier sei nochmals daran erinnert: Unterhaltsvorschuss ist grundsätzlich als Vorschussleistung konzipiert; das Jugendamt kann und soll Rückgriff beim unterhaltspflichtigen Elternteil nehmen. In der Praxis ist daraus vielfach eine Ausfallleistung geworden, wo die dem Grunde nach Unterhaltspflichtigen nicht leistungsfähig sind oder aus anderen Gründen nicht erreichbar sind. Hier setzen wir an und wollen die Voraussetzung für den Rückgriff bei leistungsfähigen, aber nicht leistungswilligen Elternteilen verbessern. Hier ist es nämlich nicht einzusehen, dass der Unterhalt des Kindes aus öffentlichen Kassen bestritten wird; hier ist es ein wichtiger Schritt, die Rückgriffsmöglichkeiten der Jugendämter zu verbessern und dafür die Informationsmöglichkeiten, wo der Pflichtige wohnt, wo er arbeitet und wie notfalls auch Ansprüche gegen ihn vollstreckt werden können, auszubauen. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen verbesser-ten Auskunftsrechte wurden von allen Sachverständigen begrüßt. Sie dienen der verbesserten Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Es können jetzt weitere Informationen bei den Finanzämtern und Geldinstituten eingeholt werden und auch Nachfragen beim Arbeitgeber gestellt werden.
Hier haben wir auf Grundlage der Sachverständigenanhörung noch einen wichtigen Aspekt ergänzt: Unterhaltsvorschuss ist bekanntlich begrenzt: in der Dauer auf maximal 72 Monate, beim Kindesalter höchstens bis zum 12. Geburtstag und in der Höhe durch den Mindestunterhalt abzüglich Kindergeld. Weitergehende Unterhaltsansprüche muss der alleinerziehende Elternteil selbstständig gegen den Unterhaltspflichtigen geltend machen. Dabei steht er in der Praxis oft ebenfalls vor dem Problem, die nötigen Informationen darüber zusammenzutragen, um einen nicht zahlungswilligen Elternteil in Anspruch zu nehmen. Hier sind die Alleinerziehenden oft auf die Informationen des Jugendamtes angewiesen: diese könnten ihnen maßgeblich helfen, den Anspruch des Kindes dann auch selbstständig gegen den Pflichtigen durchzusetzen. Hier hapert es bislang in der Praxis:
In der öffentlichen Sachverständigenanhörung wurde deutlich, dass es in der Praxis bei den Jugendämtern oft nicht klar ist, inwieweit Daten nach Maßgabe des § 74 SGB X an den alleinerziehenden Elternteil herausgegeben werden dürfen. Wir haben deshalb die Anregung aufgegriffen und an dieser Stelle nicht nur eine Klarstellung ins Gesetz gebracht, dass die Ämter berechtigt sind, die Auskünfte zu geben. Wir haben darüber hinaus die Jugendämter verpflichtet, auf Antrag der Alleinerziehenden die benötigten Daten heraus-zugeben. Wir wollen damit die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens verbessern. Es bleibt damit bei dem bewährten Verfahren nach dem 10. Sozialgesetzbuch, das heißt, zuerst erhält der Pflichtige selbst die Gelegenheit, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Wir wollen damit auch für die Unterhaltspflichtigen nochmals ganz deutlich machen: Es geht bei Unterhaltsschulden nicht um ein Kavaliersdelikt. Unterhaltspflichtverletzung stellt einen Straftatbestand dar; die vorsätzliche Nichtleistung steht unter Strafe – Unterhalt ist nicht verhandelbar. Unterhaltsansprüche werden in Zukunft auch nicht mehr von einer Restschuldbefreiung in der privaten Insolvenz des Unterhaltspflichtigen erfasst. Unterhaltsansprüche von Kindern sind zu erfüllen. Auch diese Botschaft ist damit verbunden.
Außerdem wollen wir mit dieser Änderung sicherstellen, dass die Realisierung des laufenden Unterhaltsanspruchs in der Praxis Vorrang hat vor den Rückgriffsansprüchen des Jugendamts. Wenn es für beide nicht reicht, ist der laufende Bedarf des Kindes wichtiger als der Ausgleich in den öffentlichen Kassen.
Insgesamt bringt der Gesetzentwurf mit den von uns eingebrachten Änderungen Erleichterungen für Alleinerziehende sowie für die Behörden, er stärkt die Alleinerziehenden und ihre Kinder.