Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Bundeshaushalt beträgt der Anteil für Soziales fast 50 Prozent: Es sind 49 Prozent in diesem Jahr. Trotzdem ist es nicht unüblich, dass die Opposition immer noch mehr fordert, ob bei Rente, Kindergeld, Grundsicherung und Grundeinkommen. All das wird ja noch gefordert.
(Caren Marks [SPD]: Das steht im Koalitionsvertrag! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bei der Rente ist das auch dringend nötig!)
Gerade für die Linke gilt: Egal, welche Leistung es schon gibt, egal, wer was fordert – Sie setzen immer noch eins drauf.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Weil Sie so knickrig sind!)
Das ist das Privileg der Opposition, die auch nicht in der Verantwortung steht, alles unter einen Hut zu bringen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wir möchten nur, dass Sie Ihr Versprechen einlösen!)
Aber jetzt haben Sie es geschafft, sich selbst zu übertreffen. Sie haben es geschafft, im wöchentlichen Rhythmus zum selben Sujet zwei unterschiedliche Anträge einzubringen. In der einen Woche fordern Sie, die Altersgrenze auf 14 Jahre zu erhöhen. In der anderen Woche fordern Sie neben der Verlängerung der Bezugsdauer, die Altersgrenze auf 18 Jahre zu erhöhen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Frau Winkelmeier-Becker, hätten Sie zugehört, dann wüssten Sie, warum!)
Warum eigentlich nicht 25 Jahre oder solange man überhaupt Unterhalt beanspruchen kann, solange man einen Vater hat oder wie auch immer?
(Caren Marks [SPD]: Auf 14, steht im Koalitionsvertrag!)
Das müssen Sie uns erklären oder einfach sagen, was Sie denn nun wollen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Zuhören reicht nicht! Man muss es auch verstehen!)
Möglicherweise sind Sie auch schon wieder auf dem Rückzug. Denn der ältere Antrag fordert 18 Jahre, der jüngere 14 Jahre.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das nennt man Realpolitik, Frau Kollegin!)
Das Thema, um das es geht, ist zu ernst. Da sind wir, denke ich, wieder auf einer gemeinsamen Basis.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist richtig! Ich möchte nur, dass Sie Ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen! Mehr nicht!)
– Ein Koalitionsvertrag enthält niemals Versprechungen gegenüber der Opposition, sondern Versprechungen gegenüber denen, die in einer Koalition zusammenarbeiten. Deshalb habe ich Ihnen gegenüber an dieser Stelle ganz gewiss kein schlechtes Gewissen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Deswegen steht da auch drin: „Wir werden den Unterhaltsvorschuss ausbauen“! Ihr kürzt ihn! Ihr sagt: „Wir verlängern ihn“, und dann kürzt ihr ihn!)
Es tut mir aber durchaus leid, wenn wir das in dieser Legislaturperiode nicht hinbekommen. Das ist für mich als Familienpolitikerin sehr bedauerlich.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Katastrophal, diese Politik!)
Denn wir wissen, dass die Situation für Alleinerziehende schwierig ist. Deshalb haben wir uns das auch vorgenommen. Wir hätten es auch weglassen können. Wir haben es uns ehrlich vorgenommen,
(Diana Golze [DIE LINKE]: Ja! Aber nicht umgesetzt! Vornehmen alleine reicht nicht!)
in dem Bestreben, das auch umzusetzen,
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Und warum setzt ihr es nicht um? – Diana Golze [DIE LINKE]: Wenn man 2 Milliarden Euro für das Betreuungsgeld rausschmeißt, reicht es nicht mehr!)
aber wir kommen an mathematischen Gesetzmäßigkeiten nicht immer vorbei.
Auch wenn es schwierig ist, sollten wir uns trotzdem konstruktiv an die Arbeit machen, um zu sehen, was auch in einem begrenzten Rahmen möglich und zu verbessern ist. Es gibt durchaus einige Ansatzpunkte, um das Verfahren zu verbessern.
Um einmal an den Ursprung der Idee des Unterhaltsvorschusses anzuknüpfen, darf ich daran erinnern: Unsere Vorgänger haben ihn 1979 eingeführt. Damals gab es 36 Monate, maximal bis zum sechsten Geburtstag des Kindes, Unterhaltsvorschuss. Man hat von Anfang an problematisiert, was die richtige Altersgrenze und Bezugsdauer ist. Es ging dabei auch immer ganz klar um die Begrenztheit des Budgets. Man hat sich schließlich auf diese Zeiten geeinigt, weil man gesagt hat: In diesem jungen Alter ist die Situation ganz besonders schlimm.
Man hat aber auch gesagt: 36 Monate reichen, um den Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater zu klären. Das unterstreicht noch einmal den wahren Charakter dieser Leistung. Es ist eben nicht die auf Dauer angelegte zusätzliche Unterstützung durch den Staat. Ich bezweifle auch, dass es seine Richtigkeit hätte, wenn alleine die Tatsache, dass eine Familie sich trennt, dazu führt, dass man auf Dauer zusätzliche staatliche Leistungen bekommt.
Es ist eine Vorauszahlung des Staates, die er sich im Idealfall vom Vater zurückholt.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Zurückholen! Man müsste mal die Rückholquote erhöhen!)
– Genau, man müsste die Rückholquote erhöhen,
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ja! Dann fallen auch weniger Kosten an! Dann kann man es eher umsetzen! Frau Winkelmeier-Becker, machen Sie es einfach! Sie wissen anscheinend, wie es geht! Sie kommen doch auch vom Fach!)
und man müsste die in der Praxis sehr häufige Situation, dass nämlich nach sechs Jahren sich jeder wundert: „Wo bleibt denn das Geld?“ und keiner weiß, warum es nicht mehr kommt, auflösen. Wir müssen den Müttern oder denjenigen, bei denen das Kind lebt – das kann ja auch andersherum sein – und die den Unterhalt für das Kind beanspruchen, die nötigen Mittel geben. Da muss das Jugendamt besser helfen, den anderen, unterhaltspflichtigen Elternteil aufspüren, einen Titel gegen ihn besorgen, die Vollstreckung in die Wege leiten
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau! Und solange sie nichts haben, vorzahlen!)
und dann den Fall abgeben, am besten auch schon vor Ablauf der sechs Jahre. Dann ist allen besser gedient.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir hatten in der vergangenen Sitzungswoche die erste Beratung eines Gesetzentwurfs, der verschiedene Verfahrensmaßnahmen aufgreifen soll, die die Länder uns vorschlagen.
Wir werden auch sehr aus dem Blickwinkel der erziehenden Elternteile betrachten, was wir da besser machen können, ganz konkret mit dem Ziel, den Rückgriff zu verbessern: Auskunftsrechte verbessern, Verfahren straffen und dann die Verfahren in einem gut aufbereiteten Zustand an die Eltern abgeben. Davon haben die Mütter und die Kinder im Zweifel mehr, als wenn sie nach sechs Jahren plötzlich überrascht feststellen, dass die Zeit um ist und es keinen Unterhaltsvorschuss mehr gibt. In diesem Sinne können wir das gern gemeinsam konstruktiv unter die Lupe nehmen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wir können es heute schon mal um zwei Jahre verlängern!)