Dieses Hilfesystem ist in Deutschland sehr vielfältig gewachsen in der Zuständigkeit der Länder und Kommunen


Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit meiner zweiten Rede kann ich anschließen an die erste Rede, die ich heute gehalten habe. Auch hier geht es wieder um den besonderen Blickwinkel auf die Situation von Frauen, diesmal von Frauen in einer besonderen Lage, nämlich in einer Gefahren- und Notsi-tuation, in der sie schnell Hilfe brauchen, weil sie zu Hause einen massiven und gewaltträchtigen Konflikt haben, in der Regel mit dem Partner.

Die Aspekte, die wir vorhin in der Debatte angesprochen haben, spielen auch hier eine Rolle: Die eigene soziale Sicherheit, der eigene Status, die eigene Sicherheit – auch die Selbstsicherheit – der Frauen sind häufig, auch in der Entstehungsgeschichte eines solchen Konflikts, mit von Bedeutung. Auch in der Situation der Hilfsbedürftigkeit macht es einen Unterschied, ob man auf eine eigene Absicherung zurückgreifen kann oder nicht.

Bei den Themen, die wir schon behandelt haben, kann man, wenn man so will, den einen oder anderen Standpunkt kontrovers diskutieren. Bei dem Thema „Gewalt gegen Frauen“ gibt es ganz klar den gemeinsamen Standpunkt, dass das ein No-Go ist und wir da ein wirksames Hilfesystem entgegensetzen müssen.

Dieses Hilfesystem ist in Deutschland sehr vielfältig gewachsen in der Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Da wird bereits jetzt sehr fachkundige, engagierte und auch wirkungsvolle Hilfe geleistet.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unterfinanziert!)

Trotzdem ist klar – das ist der Befund –, dass der Bedarf an niedrigschwelliger und erreichbarer Hilfe noch nicht gedeckt ist.

Wir haben deshalb in dieser Legislaturperiode zwei Dinge auf den Weg gebracht, um das System gezielt zu verbessern. Zum einen haben wir für Frauen in Notsituationen eine Helpline organisiert, ein Telefonangebot, das rund um die Uhr, 24 Stunden, niedrigschwellig und schnell zu erreichen ist.

Am anderen Ende dieser Helpline sitzen qualifizierte, gut ausgebildete Beraterinnen mit mehrsprachigem Angebot – denn es richtet sich ja auch an Frauen mit unterschiedlichem Sprachhintergrund –, die dann beraten können, was in der jeweiligen Situation schnell an Hilfe verfügbar und erreichbar ist. Das ist ein ganz wichtiges Hilfsangebot, um die verschiedenen Dinge zu koordinieren und die Frau wirklich dorthin zu lotsen, wo ihr geholfen werden kann. Voraussetzung ist natürlich, dass es ein Angebot gibt.

Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, ob das Angebot reicht. Das ist der zweite Punkt, den wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben hatten, nämlich zunächst einmal eine gesicherte Faktenbasis über das zu schaffen, was denn in Deutschland in den verschiedenen Regionen bisher schon besteht und wo Defizite sind.

Wir haben über 350 Frauenhäuser plus weitere Schutzwohnungen, die zusammen 6 000 Plätze bieten. Insgesamt werden diese 6 000 Plätze pro Jahr von etwa 15 000 bis 17 000 Frauen und ihren Kindern, zusammen etwa 34 000 Personen, in Anspruch genommen. Dazu kommen 750 Fachberatungsstellen mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten, Migration, sexueller Missbrauch usw. Da sind verschiedene Themen von besonderer Bedeutung.

Dieser Bericht konstatiert allerdings auch Zugangsschwierigkeiten. 9 000 Frauen werden bei der Einrichtung, bei der sie zunächst anklopfen, abgewiesen und müssen weitervermittelt werden, wenn es denn überhaupt gelingt, etwas Angemessenes für sie zu finden.

Klar ist also, dass weiterer Bedarf besteht, dass Defizite ausgemerzt werden müssen. Da stellen sich – wie immer – zwei Fragen. Das eine ist die Frage: Was soll passieren, und wie wird es finanziert? Die zweite Frage ist: Wer ist zuständig, wer soll es machen?

Die Linken schlagen in ihrem Antrag vor, das alles auf der Bundesebene zu machen und ein Bundesgesetz zur Regelung der Finanzierung der Frauenhäuser zu schaffen. Wir haben aber – ich sagte es eingangs – eine historisch gewachsene Situation, was die Kommunen und die Länder angeht. Diese haben sich auf der gemeinsamen Frauenministerkonferenz im Jahre 2010 auch festen Willens gezeigt, diese Aufgabe weiter wahrzunehmen. Wir haben konstatiert, dass sie diese Aufgabe sehr ernst nehmen. Sie haben sich auch den Bericht angesehen und werden jetzt schauen, was für sie daraus für Schlüsse zu ziehen sind. Daher dürfte es auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sehr schwierig sein, zu sagen: Nein, Länder, ihr macht das alles nicht gut genug. Der Bund ist zuständig.

Ich sehe auch nicht, dass sich die Hoffnung, die Sie damit verbinden, erfüllt, nämlich dass der Bund so etwas per se alles besser machen würde. Wenn der Bund die Länder aus dieser Aufgabe entlässt, heißt das ja zunächst auch, dass die Länder das Geld, das sie da bisher hineinstecken, nicht mehr für diese Aufgabe zur Verfügung stellen würden. Es müsste also der Bund all das substituieren, was die Länder jetzt tun, und er müsste dann, damit sich vielleicht die Erwartung erfüllt, dass es besser wird, noch etwas obendrauf legen. Es ist zunächst sehr zweifelhaft, ob das passiert.

Ich sehe, wie gesagt, auch nicht per se einen Vorteil darin, die Zuständigkeitsebene zu ändern. Die Länder sind durchaus in der Lage, da, wo es sinnvoll und notwendig ist, zu kooperieren. Das haben sie gerade bei ihrem Plan gezeigt, die Abiturprüfungen über die Länder hinweg in eigener Zuständigkeit besser zu koordinieren, weil da durchaus ein Bedarf gesehen wird. Das können sie auch bei anderen Aufgaben machen, sodass sich nicht unbedingt die Notwendigkeit ergibt, den Bund in die Aufgabe eintreten zu lassen und damit die Länder aus der Aufgabe herauszudrängen.

Das heißt nicht, dass der Bund sich damit automatisch aus dem ganzen Thema verabschiedet. Der Bund hat durchaus eigene Möglichkeiten, die Situation der betroffenen Frauen zu verbessern. Viele beziehen Leistungen nach SGB II oder SGB XII. Genau in diesem Regelungsbereich sind Probleme ausgemacht, zum Beispiel wenn es um die Situation von Studentinnen, von Mi-grantinnen geht oder wenn es auch nur darum geht, die Bewilligungszeiten zu verkürzen, damit die Frau nicht schon wieder aus dem Frauenhaus weg ist, bevor der bewilligende Bescheid kommt.

Ich würde vorschlagen, wir machen da, wo wir mit Sicherheit zuständig sind, unsere Hausaufgaben und entlassen die Länder nicht aus der Pflicht, sondern sorgen dafür, dass auch sie weiterhin für die gemeinsame Aufgabe zuständig sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

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